(Kiel) Ein Finanzamt ist verpflichtet, bei der Beitreibung inländischer Steuerforderungen gegen im Ausland lebende Deutsche die nach deutschem Recht maßgeblichen Pfändungsfreigrenzen zu beachten.

Dies, so der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel,  ist der Tenor eines am 01.09.2009 veröffentlichten Beschlusses des Finanzgerichts (FG) Münster vom 13.08.2009, Az. 7 V 2557/09 AO.

In dem Streitfall schuldete die nunmehr in Bulgarien lebende Rentnerin dem deutschen Fiskus Einkommensteuer, worauf das Finanzamt ihr Bankkonto in Bulgarien im Wege der Amtshilfe mit den bulgarischen Behörden in voller Höhe pfändete. Die in Deutschland geltenden Pfändungsfreigrenzen wurden dabei nicht beachtet. Dagegen wehrte sich die Betroffene, da sie nunmehr kein Geld zum Lebensunterhalt mehr habe.

Zur Recht, wie das Finanzgericht Münster nun entschied, so Passau.

Im Streitfall ergibt sich der Anordnungsanspruch aus den §§ 850 ff ZPO, welche gemäß § 319 AO sinngemäß anzuwenden sind. Der Wohnsitzwechsel der Antragstellerin nach Bulgarien ändere daran nichts. Mangels gesetzlicher Grundlage könne das Finanzamt nicht die nach der ZPO festgelegten Pfändungsfreigrenzen (gewissermaßen nach eigenem Gutdünken) herabsetzen, weil der Steuerschuldner ins Ausland verzogen ist und deshalb möglicherweise niedrigere Lebenshaltungskosten habe. Herabsetzungen bzw. Erhöhungen von Pfändungsfreibeträgen berechnen sich nach den in den entsprechenden Vorschriften der ZPO festgelegten Grenzen, die auch den Belangen der Gläubiger abschließend Rechnung tragen.

Der Gesetzgeber habe sich bewusst für eine Pauschalierung der pfändungsfreien Beträge entschieden, um die Zwangsvollstreckung praktikabel zu gestalten und eine unüberschaubare Anzahl von Einzelfallentscheidungen zu vermeiden. Dies gilt umso mehr, als dass auch innerhalb Deutschlands zum Teil erhebliche Unterschiede in den Lebenshaltungskosten bestehen dürften (vgl. dazu Landgericht Heilbronn, Beschluss vom 12.01.2006 1 T 9/06 m.w.N.). Um Willkürschätzungen zu umgehen, wäre es anderenfalls erforderlich, dass der entsprechenden Pfändungsschutzvorschrift in der ZPO z.B. eine tabellarische Anlage beigefügt wird mit ggf. jährlich zu ändernden festen Beträgen, die den jeweiligen Lebenshaltungskostenstandard der in Betracht kommenden Länder im Einzelnen als Berechnungsgrundlage haben. Das gilt wegen des Schutzbereichs des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) – ungeachtet des vorliegenden Einzelfalles – insbesondere, wenn es zweifelhaft erscheint, ob der Schuldner im Ausland einen vergleichbaren Rechtsschutz genießt wie ihm die im Inland geltenden Vorschriften bieten.

Passau empfahl, diese Grundsätze zu beachten und ggfs. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auf den DUV Deutschen Unternehmenssteuer Verband – www.duv-verband.de – verwies.

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Jörg Passau
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