Pres­se­mit­tei­lung des BFH Nr. 12 vom 05. ¤rz 2020

Vor­la­ge an das BVerfG: BFH hält rück­wir­ken­de Anwen­dung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf im Mai 2003 erfolg­te Ver­äu­ße­run­gen von Anteil­schei­nen aus einem Wert­pa­pier-Son­der­ver­mö­gen für verfassungswidrig

Beschluss vom 23.10.2019 XI R 43/18

Der Bun­des­fi­nanz­hof (BFH) hat dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG) die Fra­ge vor­ge­legt, ob § 43 Abs. 18 des Geset­zes über Kapi­tal­an­la­ge­ge­sell­schaf­ten (KAGG), der die Anwen­dung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.d.F. des Geset­zes zur Umset­zung der Pro­to­kol­lerklä­rung der Bun­des­re­gie­rung zum Steu­er­ver­güns­ti­gungs­ab­bau­ge­setz vom 22.12.2003 (sog. Korb II-Gesetz) auf alle noch nicht bestands­kräf­ti­gen Fest­set­zun­gen des Ver­an­la­gungs­zeit­raums 2003 anord­net, auf­grund eines Ver­sto­ßes gegen das Rück­wir­kungs­ver­bot ver­fas­sungs­wid­rig ist.

Im Streit­fall hat der Klä­ger, ein Ver­si­che­rungs­ver­ein a.G., im Mai 2003 Anteil­schei­ne an Spe­zi­al­fonds ver­äu­ßert und hier­bei sog. nega­ti­ve (Anle­ger-) Akti­en­ge­win­ne rea­li­siert. Das Finanz­amt rech­ne­te bei der Kör­per­schaft­steu­er­ver­an­la­gung die­se nega­ti­ven Gewin­ne dem zu ver­steu­ern­den Ein­kom­men des Klä­gers hin­zu, wodurch sich des­sen Steu­er­last erhöh­te. Es zog hier­bei § 43 Abs. 18 KAGG her­an, der die rück­wir­ken­de Anwen­dung der im Dezem­ber 2003 ein­ge­führ­ten Hin­zu­rech­nungs­vor­schrift (§ 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG) auf alle noch offe­nen Ver­an­la­gun­gen vor­sieht. Das Finanz­ge­richt wies die Kla­ge ab. Es ging von der ver­fas­sungs­recht­li­chen Zuläs­sig­keit die­ser Rück­wir­kung aus.

Das sah der BFH anders. Er führ­te aus, dass das am 27.12.2003 im Bun­des­ge­setz­blatt ver­kün­de­te sog. Korb II-Gesetz zu einer sog. unech­ten Rück­wir­kung füh­re, da sei­ne belas­ten­den Rechts­fol­gen erst im Zeit­punkt des Ent­ste­hens der Kör­per­schaft­steu­er am 31.12.2003 ein­tre­ten. Die Anwen­dung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf den Ver­an­la­gungs­zeit­raum 2003 ver­sto­ße gegen den Grund­satz rechts­staat­li­chen Ver­trau­ens­schut­zes, soweit Ver­äu­ße­run­gen im Mai 2003 betrof­fen sei­en. Vor dem Geset­zes­er­lass getä­tig­te ver­bind­li­che Dis­po­si­tio­nen des Klä­gers ver­dien­ten dem Grund­satz nach Ver­trau­ens­schutz. Das Ver­trau­en in den Fort­be­stand der bis­he­ri­gen Rechts­la­ge sei im Streit­fall erst mit dem öffent­lich bekannt gewor­de­nen Gesetz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung vom 15.08.2003 (BRDrucks 560/03) erschüt­tert worden. 

Soweit § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG mit Wir­kung für die Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me 2001 und 2002 ein­ge­führt wur­de, hat bereits das BVerfG mit Beschluss vom 17.12.2013 – 1 BvL 5/08 die­se gesetz­ge­be­ri­sche Maß­nah­me als ver­fas­sungs­wid­rig ange­se­hen und § 43 Abs. 18 KAGG inso­weit für nich­tig erklärt.

sie­he auch: Vor­la­ge­be­schluss des XI. Senats vom 23.10.2019 — XI R 43/18 -

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