(Kiel) Durch die Affäre um die Aufdeckung weltweiter Steuerflucht in sog. Steueroasen, von der auch über 100.000 deutsche Steuerflüchtlinge betroffen sein sollen, wird der Druck auf die Steu­er­oa­sen zur Kooperation und damit der Selbstanzeigedruck weiter erhöht.  

Am Beispiel der Schweiz, das als Modell für andere Oasen gelten dürfte, so der Leingartener  Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerstrafverteidiger Hans Georg Hofmann, zeigt sich, welche dra­ma­ti­sche Entwicklung sich dort bereits vollzogen hat und was noch kommen wird. 

Schweiz: Aufdeckung von Schwarzgeldkonten und Selbstanzeige

In den letzten 5 Jahren hat die Schweiz -nicht ganz freiwillig- ihre „Schwarzgeldstrategie“ in ei­ne sog. „Weißgeldstrategie“ gewandelt. Die früher im Fiskalbereich nicht vorhandene in­ter­na­tio­na­le Zusammenarbeit wurde schrittweise eingeführt, was einer Kehrtwende gleicht. Die Ent­wick­lung dürfte noch nicht abgeschlossen sein: 

I. Rechtshilfe durch die Schweiz

Während die Schweiz früher lediglich beim sog. Abgabebetrug, der arglistiges Verhalten vor­aus­setzt, Bankunterlagen herausgab, soll dies nach dem Willen des Bundesamts für Justiz auch bei einfacher (Ein­kom­men-)Steuerhinterziehung der Fall sein. Im Bereich Umsatzsteuer und Zoll sollen im Falle des Abgabebetruges Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de zur Abschöpfung an Dritts­taa­ten herausgegeben und auch Beschuldigte ausgeliefert werden! Eine parlamentarische Mehr­heit besteht insoweit wohl noch nicht. Dies könnte sich aufgrund der jüngsten Affäre um die Steueroasen aber bald ändern. 

II. Erweiterung der Amtshilfe auf Gruppenanfragen

Die vorstehenden Rechtshilfepläne waren bis vor kurzem für die Schweiz noch undenkbar. Sie set­zen einen steuerstrafrechtlichen Anfangsverdacht gegen eine bestimmte Person voraus. 

Die hierfür erforderliche Kenntniserlangung ermöglichen in breitem Umfang die nunmehr durch die OECD für die  Doppelbesteuerungsmusterabkommen beschlossenen und von der Schweiz dem Grunde nach abgesegneten Gruppenanfragen. Gruppenanfragen betreffen eine Viel­zahl von Steuerpflichtigen, die nicht von vornherein namentlich identifiziert und durch das­sel­be Verhaltensmuster zusammengefasst sind. Danach hat die Schweiz etwa die Iden­ti­tä­ten aller Kontoinhaber, die ihr Geld in bestimmte Länder transferieren, mitzuteilen. Diese Re­ge­lung gilt voraussichtlich bereits für Steuerjahre ab 2011. 

-Entwicklung der Gruppenanfrage

Am 13.3.09 gab die Schweiz unter starkem internationalem Druck der G-20 Staaten ihren Vor­be­halt zu Art. 26 OECD-Musterabkommen auf. In der Folge schloss die Schweiz über 30 Ab­kom­men, die die entsprechende große Auskunftsklausel vorsehen. Diese beinhaltet auch die Amtshilfe bei der Hinterziehung direkter Steuern, etwa Einkommensteuer. Diese Aus­künf­te dürfen im ersuchenden Staat auch für Zwecke eines Steuerstrafverfahrens verwendet wer­den! 

Am 17. Juli 2012 wurde die Regelung (Kommentierung) zu Art. 26 OECD-Musterabkommen durch den OECD-Rat dahin erweitert, dass sich die verlangten Informationen auch gegen eine Grup­pe von nicht einzeln identifizierten Steuerpflichtigen beziehen kann (Gruppenanfragen). Um Ausforschungsbeweise zu vermeiden, muss der ersuchende Staat eine detaillierte Be­schrei­bung der Gruppe und der spezifischen Tatsachen und Umstände liefern und Gründe an­füh­ren, warum die Angehörigen der Gruppe ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nach­ge­kom­men ist. 

Am 01.02.2013 trat das schweizerische Bundesgesetz über die internationale Amtshilfe in Steu­ersa­chen vom 28.09.2012 in Kraft, mit dem der Vollzug der Amtshilfe etwa von DBA’en ge­re­gelt wird. Hier wurden Gruppenanfragen ausdrücklich nicht ausgeschlossen. Damit sind Grup­pe­nan­fra­gen in allen Fällen, wo ein Staatsvertrag, ein Doppelbesteuerungsabkommen oder ein anderes Abkommen dies vorsieht, zulässig. 

Zum 15.12.2011 trat die am 27.10.2010 zwischen Deutschland und der Schweiz vereinbarte „gro­ße Amtshilfeklausel“ nach OECD-Standard in Kraft. Das Abkommen tritt nach aus­drück­li­cher Regelung zum 01.01. des auf die Unterzeichnung folgenden Jahres, mithin zum 01.01.2011, in Kraft. Vor der Änderung der Kommentierung zu Art. 26 OECD-Mu­ster­ab­kom­men im Juli 2012 waren Gruppenanfragen von der „großen Amtshilfeklausel“ nicht erfasst ! 

Die Frage, ob die geänderte Kommentierung zu Art. 26 OECD-Musterabkommen für das zwi­schen Deutschland und der Schweiz vereinbarte und am 15.12.2011 in Kraft getretene DBA vom 27.10.2010 gilt, ist noch nicht endgültig geklärt. Sie ist abhängig von der Frage, ob spä­te­re Änderungen des OECD-Kommentars automatisch auch für früher geschlossene Abkommen gel­ten. Der Bundesfinanzhof (Urt. v. 08.09.2010 I R 6/09) neigt zu einer statischen Anwendung, die ei­ne automatische Geltung späterer Kommentierungen verneint, während die schweizerische Recht­spre­chung einer dynamischen Anwendbarkeit den Vorzug gibt. 

Die schweizerische Finanzministerin vertritt jedenfalls die Meinung, dass Gruppenanfragen auch ohne eine Änderung der DBA zulässig seien, soweit -wie im DBA Deutschland-Schweiz- von „Gesuchen“ und nicht von „Einzelersuchen“ die Rede sei. Dies spricht dafür, dass die Schweiz deutsche Gruppenanfragen ohne weiteres zulassen könnte. Jedenfalls wird die Schweiz einer etwa erforderlichen Abkommensänderung zustimmen. 

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Kontoinhaber müssen damit rechnen, dass durch Gruppenanfragen auch zurückliegende Sach­ver­hal­te aufgedeckt werden. Nach der Schweizer Rechtsprechung (BVerwG, Urt. A-6874/2010 v. 20.6.11 E.3.2.) ist die An­wen­dung neuer Amtshilfebestimmungen auf zurückliegende Steuerjahre nicht aus­ge­schlos­sen. Amtshilfebestimmungen seien Verfahrensregeln, die mit Inkrafttreten sofort anwendbar wür­den, was auch für Steuersachverhalte zuträfe, die vor dem Inkrafttreten lägen (Bun­des­ge­richt, Urt. 2A.551 vom 12.04.2002 E.2a.). 

Anforderung an das Amtshilfeersuchen

Der ersuchende Staat darf keine Beweisausforschung („Fishing Expedition“) betreiben. Eine An­fra­ge, die die Nennung sämtlicher im Vertragsstaat steuerpflichtigen Personen verlangt, die bei einer bestimmten Bank im ersuchten Staat eine Bankverbindung unterhalten, wäre z.B. un­zu­läs­sig. 

Zulässig wäre eine Anfrage des deutschen Fiskus, wonach die Schweiz sämtliche in Deutsch­land ansässigen Kunden eines in der Schweiz ansässigen Finanzdienstleisters preisgeben soll, weil der Finanzdienstleister Produkte verkaufe mit der irreführenden Information, dass die dar­aus erzielten Gewinne in Deutschland steuerfrei wären, was nicht stimme. Es seien einige In­ve­sto­ren entdeckt worden, die in das Produkt investiert und die Einkünfte nicht deklariert hät­ten

Was noch passieren könnte:

Ein automatischer Informationsaustausch über steuerrelevante Sachverhalte gibt es derzeit mit der Schweiz noch nicht, doch geht der Trend in diese Richtung. Die jüngste Affäre über die welt­wei­te Flucht in Steueroasen wird diese Entwicklung begünstigen.

 Fazit:

Durch die genannten gravierenden Änderungen in der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz hat sich das Entdeckungs- und Verfolgungsrisiko für Steuerflüchtlinge dramatisch ver­schärft. Die Entwicklung ist noch nicht zu Ende. Wer sein Schwarzgeld noch in der Schweiz hat, ist nach der oben beschriebenen Ent­wick­lung zur Selbstanzeige verdammt. Der er­höh­te internationale Druck wird sich i.ü. auch auf den Informationsaustausch mit anderen Län­dern wie Lu­xem­burg, Liechtenstein, Österreich, aber auch außereuropäischen Ländern wie Sin­ga­pur auswirken. 

Betroffene sollten kurzfristig Rat bei einem spezialisierten Steueranwalt ein­ho­len, rät Hofmann und empfiehlt, ggfs. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auf den DUV Deutschen Unternehmenssteuer Verband – www.duv-verband.de – verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung: 

Hans Georg Hofmann
Rechtsanwalt/
Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerstrafverteidiger
Anwaltskanzlei Siegel-Hofmann & Hofmann
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