Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Besteuerung von Leistungen aus einer Pensionskasse.

2

Der Kläger ist Rentner und erhält unter anderem Leistungen aus einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung der Pensionskasse … Versicherungsverein auf Gegenseitigkei…

(duv) …t -VVaG- (X). Aufgrund des Eintritts des Versicherungsfalles erhielt der im Jahre 1929 geborene Kläger ab 01. Oktober 1986 Pensionszahlungen. In den nachfolgenden Jahren wurden dem Kläger in unregelmäßigen Abständen durch Beschlussfassung der Mitgliederversammlung weitere Pensionen (Bonuspensionen) geleistet. Hinsichtlich der dem Kläger im Streitjahr 2006 im Einzelnen zugeflossenen Leistungen wird auf die Leistungsmitteilung der X Bezug genommen. Dabei vertrat die X die Ansicht, dass die Bonuspensionen steuerrechtlich jeweils als eigenständige Rente anzusehen und mit dem jeweiligen Ertragsanteil zu besteuern seien, der sich im jeweiligen Erstjahr der Zahlung ergebe. Danach betrug der insgesamt zu besteuernde Ertragsanteil 4.123 €.

3

Das Finanzamt folgte dieser Auffassung im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 19. Juni 2007 nicht, sondern erfasste die gesamte Rentenleistung in Höhe von 18.894 € mit dem einheitlichen Ertragsanteil in Höhe von 25 % (= 4.723 €), der sich aus dem Jahr der erstmaligen Zahlung ergab.

4

Hiergegen erhob der Kläger form- und fristgerecht Einspruch, mit dem er sich gegen diesen einheitlichen Ertragsanteil wandte. Die Grundpension werde aufgrund des originären Versicherungsvertrages gewährt, die Zusatzrenten würden durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung entstehen. Rein rechtlich verpflichte sich die X erst durch diesen Beschluss zur Vornahme einer Leistung. Die Annahme des Leistungsangebotes durch das Mitglied begründe das neue Schuldverhältnis, erst ab diesem Zeitpunkt entstehe bei den Mitgliedern ein Anspruch. Die Zusatzrente habe nichts mit der Grundpension zu tun. Sie entspringe auch nicht aus dem ihr zu Grunde liegenden Rentenstammrecht, sondern sei das Ergebnis eines neuen, zwischen der X und dem einzelnen Mitglied entstandenen Vertrages. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass in den Anlagen I und II zu § 11 der Satzung der X selbst davon die Sprache sei, dass eine Beitragserhöhung oder -verminderung als eine zusätzliche Neuversicherung mit dem dann geltenden Alter behandelt werde. Erst wenn die X einen Überschuss erwirtschaftet habe und wenn dazu auch noch die in der Satzung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt seien und zuletzt dann auch noch die Mitgliederversammlung die Verwendung eines Überschusses zur Erhöhung der Pensionsleistungen beschließe, erwerbe ein Mitglied der X einen Anspruch auf eine Erhöhung seiner Pension. Einen Automatismus auf eine Erhöhung der Pensionsleistungen allein nur aus der Mitgliedschaft in der X abzuleiten, gehe fehl.

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Das Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 05. Mai 2008 als unbegründet zurück und führte hierzu Folgendes aus.

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Für die Besteuerung der Leistungen der Pensionskasse X mit verschiedenen Ertragsanteilen bestehe kein Raum. Nach Richtlinie 22.4 Abs. 1 Einkommensteuerrichtlinien -EStR- sei bei einer Erhöhung der Rente der Erhöhungsbetrag dann als selbständige Rente anzusehen, wenn auch das Rentenrecht selbst eine Werterhöhung erfahre. Sei eine Erhöhung der Rentenzahlung durch eine Überschussbeteiligung von vornherein im Rentenrecht vorgesehen, seien die der Überschussbeteiligung dienenden Erhöhungsbeträge Erträge dieses Rentenrechts und würden nicht zu einem neuen Rentenrecht führen (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1969, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1970, 9). Im Fall der Pensionskasse X beruhe der nach Maßgabe der Satzung bestehende Anspruch des Mitglieds auf die Überschussbeteiligung (hier in Form der jährlichen Bonusrente) auf seiner Mitgliedschaft in der Pensionskasse, sei also von vornherein im Rentenrecht als dem zu Grunde liegenden Dauerschuldverhältnis vorgesehen und damit Teil dieses Rentenrechts. Die Überschussbeteiligung sei daher nicht geeignet, eine neue Rente zu begründen, die dann mit einem gesonderten Ertragsanteil der Besteuerung unterfiele.

7

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung der Kläger Folgendes vorträgt:

8

Die nach dem Eintritt des Versicherungsfalls gewährten Pensionen seien als eigenständige Pensionen anzusehen, die jeweils neue und selbständige Rentenstammrechte begründen würden. Die Auffassung des Finanzamtes, dass die nach dem 01. Oktober 1986 gewährten einzelnen Pensionen als unselbständige Pensionserhöhungen zu qualifizieren seien, gehe schon deswegen fehl, weil zwischen der ersten Pension vom 01. Oktober 1986 und den dieser nachfolgenden zusätzlichen Pensionen kein unmittelbarer rechtlicher Zusammenhang bestehe. Dieses wäre nur dann der Fall, wenn er aufgrund der ersten Pension einen Anspruch auf laufende Pensionserhöhungen hätte. Ein solcher Anspruch existiere jedoch weder in der Satzung noch in den allgemeinen Versicherungsbedingungen der X. In diesen sei weder eine Dynamisierung der Leistungen bzw. ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf automatische Rentenerhöhung noch eine Wertsicherungsklausel enthalten. Die streitgegenständlichen einzelnen Bonuspensionen würden vielmehr erst dadurch gewährt, dass die Mitgliederversammlungen für die einzelnen Jahre einen entsprechenden Beschluss über die Verwendung des jeweils erzielten Jahresüberschusses gefasst hätten (vgl. § 10 Nr. 2 der aktuellen Satzung der X sowie § 23 Nr. 1 Buchstabe b der Fassung Stand: Mai 1977). Durch die jeweiligen Beschlüsse würden somit zwischen den Mitgliedern und der X neue Versicherungsverträge geschlossen. Diese seien dann jedoch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht mit dem Ertragsanteil der Grundpension, sondern mit einem eigenen, selbständig anhand des Alters des Berechtigten zum Zeitpunkt der Gewährung der Bonuspensionen zu ermittelnden Ertragsanteil zu berücksichtigen. Eine andere Auffassung würde zudem gegen den Sinn und Zweck der Besteuerung von Leibrenten verstoßen, wonach aufgrund des höheren Renteneintrittsalters und der damit verbundenen kürzeren Laufzeit der jeweiligen Bonusrenten ein jeweils entsprechend verminderter Ertragsanteil anzusetzen sei. Zwar sei dem Finanzamt insoweit zuzustimmen, dass die X als Pensionskasse aufgrund der gesetzlichen Vorschriften verpflichtet sei, erwirtschaftete Überschüsse ihren Mitgliedern zu Gute kommen zu lassen. Es existiere jedoch keine gesetzliche Vorschrift, wonach diese Beteiligung an den Überschüssen dergestalt zu gewähren sei, dass bestehende Pensionen erhöht werden müssten oder Überschüsse nicht in Form von Bonuspensionen den Mitgliedern zufließen könnten. Da die Pensionskasse als kleinerer Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit auch der Versicherungsaufsicht unterliege, wäre die praktizierte Handhabung der X bei der Beteiligung der Mitglieder an den erzielten Überschüssen ansonsten auch spätestens von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) als Aufsichtsbehörde untersagt worden. Des Weiteren trage die Auffassung des Finanzamtes, wonach die den Mitgliedern zufließenden Überschussbeteiligungen von vornherein im Rentenstammrecht der Grundpension enthalten seien, nicht. Der Anspruch der Mitglieder der X an den erwirtschafteten Überschüssen resultiere zum einen aus § 38 VAG und zum anderen aus der Satzung der X. Der gesetzliche Anspruch des § 38 VAG und der satzungsgemäße Anspruch hätten ihre Wurzeln jedoch in der mitgliedschaftlichen Seite des einheitlichen Rechtsverhältnisses zwischen Versicherungsnehmer und Gegenseitigkeitsverein. Die Überschussbeteiligung im Sinne des § 38 VAG sei der Anteil des Versicherten am Vereinsüberschuss und gehe insoweit nicht auf das Versicherungsverhältnis zurück, sondern auf die Tatsache der Zugehörigkeit zum Gegenseitigkeitsverein und folge aus dem genossenschaftlichen Prinzip, nach dem der Gegenseitigkeitsverein organisiert sei. Sowohl der gesetzliche Anspruch als auch der satzungsmäßige Anspruch seien daher als mitgliedschaftliches Recht anzusehen. Da somit der Anspruch auf Überschussbeteiligungen gerade nicht auf das Versicherungsverhältnis zurückzuführen sei, sondern alleine in der Mitgliedschaft in der X begründet sei, könnten die selbständig gewährten Bonuspensionen auch nicht als unselbständige Erhöhungen der Grundpension, die ihrerseits allein aufgrund des Versicherungsverhältnisses gewährt worden sei, angesehen werden. Der Hinweis des Finanzamtes auf die Richtlinie 22.4 Abs. 1 Einkommensteuerrichtlinien vermöge ebenfalls nicht zu überzeugen, da im vorliegenden Fall eben nicht eine bereits bestehende Rente erhöht werde, sondern vielmehr eine zusätzliche, rechtlich selbständige Rente gewährt werde. Wenn die Höhe einer Rente von mehreren selbständigen Voraussetzungen abhängig sei, besage Hinweis 22.3 Einkommensteuerhinweise, dass einkommensteuerrechtlich eine lebenslängliche Leibrente erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden könne, in dem die Voraussetzung für eine fortlaufende Gewährung der Rente in gleichmäßiger Höhe bis zum Lebensende des Berechtigten erstmals vorliege. Weil diese Ausführung allgemein zum Begriff der Leibrente gemacht worden sei, müsse dieses für die Leibrenten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG ebenso gelten. Es seien keine systematischen Erwägungen ersichtlich, die diese Ausführungen nur auf die unter § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG fallenden Renten für anwendbar erklären würden. Das Vorgenannte treffe auch auf den hier vorliegenden Sachverhalt zu, da die Gewährung der Bonuspensionen von mehreren selbständigen Voraussetzungen abhängig sei. Zwingende Voraussetzungen für das Entstehen des Anspruchs auf die Rentenzahlungen seien neben dem Vorliegen eines Jahresüberschusses die Mitgliedschaft bei der X und ein entsprechender Beschluss der Mitgliederversammlung über die Verwendung des Jahresüberschusses zu Gunsten der Mitglieder in Form von Bonuspensionen. Durch den Beschluss werde auch erst über das „Ob“ und das „Wie“, das heiße unter anderem über Beginn und über die Höhe entschieden. Somit würden erst nach Beschlussfassung alle Voraussetzungen für eine fortlaufende Gewährung der Rente in gleichmäßiger Höhe bis zum Lebensende des Berechtigten zum ersten Mal vorliegen, so dass erst ab diesem Zeitpunkt von einer Leibrente gesprochen werden könne.

9

Die dem Kläger eingeräumte Bonusrente beruhe rechtlich gerade nicht auf der Satzung der Pensionskasse X, sondern vielmehr auf der eigenen und freien Entscheidung der Mitgliederversammlung. Das Finanzamt unterscheide an dieser Stelle nicht, dass die Satzung die Tatbestandsvoraussetzungen für die Einräumung von Grundpensionen und Bonuspension rechtlich völlig eigenständig und gerade nicht kongruent darstelle. § 19 der aktuellen Satzung der Pensionskasse X vermittele dem einzelnen Mitglied keinen Rechtsanspruch auf die Zahlung einer Bonuspension im Falle eines Überschusses. Es bestehe keine rechtliche, in der Satzung niedergelegte Verpflichtung der Kasse, einen Überschuss in Form von weiteren Bonuspensionen an die Mitglieder auszuschütten. § 19 Buchstabe D besage insoweit nur, dass ein Bonus – sofern nicht Fehlbeträge ausgeglichen werden müssen – in die Rückstellung für Beitragsrückerstattungen einzustellen sei. Diese Rückstellung sei aber nicht zwingend für die Zahlung einer Bonuspension zu verwenden. § 19 Buchstabe E ermächtige die Mitgliederversammlung, über das Schicksal der Rücklage zu beschließen. Dabei sei der Mitgliederversammlung ein Katalog an Wahlmöglichkeiten eingeräumt, von denen nur eine die Einräumung einer zusätzlichen Bonuspension darstelle. Gleichwertig könne die Mitgliederversammlung unter anderem beschließen, die Rücklage für eine zeitlich befristete Beitragsverrechnung zu verwenden (vgl. § 19 Buchstabe E Nr. 2 der Satzung). Somit räume die Satzung der Mitgliederversammlung lediglich ein Wahlrecht hinsichtlich der Mittelverwendung ein. Auf den tatsächlichen Beschluss der Versammlung habe die Satzung keinen Einfluss. Demzufolge könne die Satzung dem einzelnen Mitglied keinen Anspruch auf eine Bonuspension vermitteln. Die Satzung gehe der Mitgliederversammlung nur im Hinblick auf die primäre Überschussverwendung zum Ausgleich von Fehlbeträgen vor, denn die oberste Maxime hinsichtlich der Verwaltung der vorhandenen Mittel sei die Sicherstellung der Liquidität der Gesamtkasse. Anders als das Finanzamt ausführe, bestehe damit auch kein Widerspruch hinsichtlich der Zuständigkeiten im Falle der Deckung eines Fehlbetrages durch Ermäßigung laufender Pensionsleistungen. Aufgrund der eindeutigen Regelung des § 19 Buchstabe D der Satzung stelle die Satzung die maßgebliche Rechtsgrundlage hinsichtlich des Vorgehens im Falle eines Fehlbetrages dar. Im davon strikt zu trennenden Fall eines Überschusses sehe die Satzung hingegen keine eindeutige Rechtsfolge mehr vor. Vielmehr bleibe es ausschließlich der Mitgliederversammlung vorbehalten, aus einem vorgegebenen Katalog auszuwählen und die Verwendungsform des Überschusses zu manifestieren.

10

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 19. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Mai 2008 zu ändern und dabei die Pensionsleistungen der X mit einem Ertragsanteil in Höhe von 4.123 € zu erfassen.

11

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

12

Das Finanzamt erwidert, dass alle Leistungen der Pensionskasse X (gleich ob Grundpension oder Erhöhungsbeträge aus den erzielten Jahresüberschüssen) sich in der Mitgliedschaft des jeweiligen Empfängers in dem Versicherungsverein begründen würden. Die Beitragsleistungen des jeweiligen Mitglieds, die aufgrund von Einzahlungen entsprechend den Bedingungen des Versicherungsvertrages die Höhe der Grundpension bestimmen würden, würden nicht ein Rentenstammrecht im Sinne der Richtlinie 22.4 zu § 22 EStG begründen. Gleiches würde für die jährliche Beschlussfassung der Mitgliederversammlung der Pensionskasse gelten. § 19 Buchstabe E und F der aktuellen Satzung der Pensionskasse würden im Einzelnen die Verwendung eines nach Abschluss des Geschäftsjahres erzielten Überschusses bzw. bestehenden Fehlbetrages sowie die Verteilung/Deckung zu Gunsten bzw. zu Lasten der Mitglieder der Kasse bestimmen. Die hier in Rede stehende Erweiterung der Leistungen der Pensionskasse (Zahlung von Bonusrenten) folge aus eben dieser für das jeweilige Mitglied geltenden Satzungsbestimmung; diese sei Grundlage des Rechtsanspruchs auf Leistungen/des Rentenrechts im Sinne der vorstehend angeführten einkommensteuerrechtlichen Bestimmung. Wäre dieser Anspruch nur in dem Versicherungsvertrag bzw. dem jeweiligen Beschluss der Mitgliederversammlung begründet, würde es der Bestimmung zur Deckung eines Fehlbetrages durch eine Ermäßigung der (bereits laufenden) Pensionsleistung für das jeweilige Mitglied bzw. Kürzung des Pensionsanspruchs (siehe § 19 Buchstabe F Ziff. 5 der Satzung) an einer rechtlichen Grundlage fehlen.

13

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze sowie 1 Band Einkommensteuerakten mit der Steuernummer … Bezug genommen. Diese war beigezogen und Gegenstand der Entscheidung.

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Entscheidungsgründe

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Die Klage ist begründet.

15

Das Finanzamt hat bei der Steuerfestsetzung 2006 die sonstigen Einkünfte des Klägers aus der X Pensionskasse mit einem unzutreffenden Ertragsanteil berücksichtigt. Entgegen der Ansicht des Finanzamts ist für die einzelnen Rentenleistungen nicht ein einheitlicher Ertragsanteil anzusetzen, sondern für die jeweiligen sog. Bonusrenten ein gesonderter Ertragsanteil, der sich aus dem Jahr des erstmaligen Bezugs der jeweiligen Bonusrenten ergibt. Die Steuerfestsetzung war daher antragsgemäß zu ändern (§ 100 Abs. 1, 2 Finanzgerichtsordnung –FGO-).

16

Die Beteiligten gehen unstreitig zu Recht davon aus, dass die aus der Pensionskasse X gezahlten Beträge zu den sonstigen Einkünften gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb EStG gehören. Dies sind Leibrenten und andere Leistungen, die nicht solche des Doppelbuchstaben aa sind und bei denen in den einzelnen Bezügen Einkünfte aus Erträgen des Rentenrechts enthalten sind. Als Ertrag des Rentenrechts gilt nach Satz 3 für die gesamte Dauer des Rentenbezugs der Unterschiedsbetrag zwischen dem Jahresbetrag der Rente und dem Betrag, der sich bei gleichmäßiger Verteilung des Kapitalwerts der Rente auf ihre voraussichtliche Laufzeit ergibt; dabei ist der Kapitalwert nach dieser Laufzeit zu berechnen. Der Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil) ist der Tabelle des Satzes 4 zu entnehmen.

17

Danach hat das Finanzamt zutreffend für die ursprünglich ab 1. Oktober 1986 geleistete Rente unter Zugrundelegung des zu diesem Zeitpunkt 57. vollendeten Lebensjahrs des Klägers einen Ertragsanteil in Höhe von 25 % bei der Besteuerung berücksichtigt.

18

Entgegen der Auffassung des Finanzamts ist dieser Ertragsanteil aber nicht für die Erhöhungsbeträge, die sich aus der entsprechenden Beschlussfassung der Mitgliederversammlung ergeben haben, anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 10. Oktober 1969 VI R 267/66, BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9) beeinträchtigen Währungs- oder Wertsicherungsklauseln, die sicherstellen sollen, dass der wirtschaftliche Wert der Leistungen gewahrt bleibt, die Rechtsnatur der Rente als Leibrente nicht. Wird die Wertsicherungsklausel in Anspruch genommen und erhöhen sich dadurch die künftigen Rentenzahlungen, so ist nach ständiger Rechtsprechung der Erhöhungsbetrag nicht als selbständige Rente anzusehen, für die der Ertragsanteil vom Zeitpunkt der Erhöhung an gesondert zu ermitteln wäre. In der Erhöhung der Rentenzahlung liegt keine neue Zusage einer Rente. Der Wert des Rentenstammrechts, das mit einer Wertsicherungsklausel ausgestattet ist, bleibt unverändert (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1969 VI R 267/66, BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9 mwN). Auch in der Literatur wird – soweit ersichtlich – in den Fällen der Rentenerhöhung aufgrund einer Währungs- oder Wertsicherungsklausel der ursprüngliche Ertragsanteil auch auf den neuen –erhöhten- Rentenbetrag angewendet (Stuhrmann in Blümich, EStG, § 22 RNr. 118; Lindberg in Frotscher, EStG, § 22 RNr. 139; Fischer in Kirchhof/Söhn, EStG, § 22 RNr. B 140; Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 22 RNr. 334). Eine neue, selbständige Rente liegt wohl auch dann nicht vor, wenn die Erhöhung im zeitlichen Zusammenhang mit einer vorangegangenen Herabsetzung steht (R 22.4 Absatz 1 Satz 2 EStR 2006, jetzt R 22.4 Absatz 1 Satz 3 EStR 2008).

19

Demgegenüber kann bei einer Erhöhung der Rente, falls auch das Rentenrecht eine zusätzliche Werterhöhung erfährt, der Erhöhungsbetrag als selbständige Rente anzusehen sein, für die der Ertragsanteil vom Zeitpunkt der Erhöhung an gesondert zu ermitteln ist; dabei ist unerheblich, ob die Erhöhung von vorneherein vereinbart war oder erst im Laufe des Rentenbezugs vereinbart wird (R 22.4 Absatz 1 Satz 1 EStR 2006 und 2008). Eine derartige Erhöhung der Rente liegt nach dem BFH-Urteil vom 10. Oktober 1969 (VI R 267/66, BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9) nur dann vor, wenn auch das Rentenstammrecht eine zusätzliche Werterhöhung erfährt.

20

Nach Auffassung des Senats stellen die strittigen sog. Bonusrenten, die der Kläger von der X erhält, eine echte Rentenerhöhung dar, die hinsichtlich des steuerrechtlich maßgebenden Ertragsanteils gegenüber der ursprünglichen Rente als eigenständig anzusehen sind. Hierfür spricht zunächst der Umstand, dass es keine „automatische“ Rentenanpassung im Sinne einer Wertsicherungsklausel ist, die bei Erfüllung bestimmter Kriterien eine erhöhte Rentenzahlung auslöst. Vielmehr liegen den Bonusrenten Überschüsse der X zugrunde, die völlig unabhängig von einer Wertentwicklung sind. Aber selbst die Tatsache, dass Überschüsse erzielt werden, hat noch nicht unbedingt die Erhöhung bzw. Gewährung von Bonusrenten zur Folge. Denn nach § 19 C der Satzung der X vom 1. Januar 2008 sind Überschüsse zunächst für die Deckung der Verluste zu verwenden. Erst danach darf ein Überschuss in die Rückstellung für Beitragsrückerstattung eingestellt werden (§ 19 D der Satzung). Diese Rückstellung kann dann u.a. nach § 19 E Nr. 1 der Satzung für eine Erhöhung der Pensionsversicherungen oder Erweiterung der Leistungen verwendet werden. Gleichrangig daneben käme aber auch eine zeitlich befristete Beitragsverrechnung in Betracht (§ 19 E Nr. 2 der Satzung). Letztendlich ist es Sache der Mitgliederversammlung über die Verwendung eines Überschusses zu beschließen (§ 19 E Nr. 4 der Satzung). Dies galt auch nach der Satzung vom 1. Januar 1976, die in § 28 Nr. 4 ebenfalls vorsah, dass ein Überschuss für Erhöhungen der Pensions-Verpflichtungen „verwendet werden kann“. Zwar ist dem Finanzamt zuzustimmen, dass auch diese Rentenerhöhung in der Mitgliedschaft des Klägers bei der X begründet ist. Aber allein diese Verknüpfung rechtfertigt nicht die Anwendung des Ertragsanteils der erstmaligen Rentenzahlung. Ein konkreter Rechtsanspruch auf Zahlung höherer Renten ist vielmehr erst mit entsprechendem Mitgliederbeschluss entstanden. Entgegen R 22.4 Abs. 1 Satz 2 EStR 2008 liegt auch eine Erhöhung des Rentenrechts vor.

21

Hinsichtlich der Berechnung der insgesamt zu versteuernden Ertragsanteile wird auf die Berechnung der X Bezug genommen. Einwendungen wurden vom Finanzamt insoweit nicht erhoben. Auch der Senat hat hiergegen keine Bedenken.

22

Die Steuer war daher wie folgt festzusetzen:

23
Zu versteuerndes Einkommen bisher: … EUR
./. Ertragsanteil-Differenz:
Ertragsanteil bisher: 4.723,- EUR
Ertragsanteil neu: 4.123,- EUR 600,- EUR
Zu versteuerndes Einkommen neu … EUR
ESt laut Splittingtarif … EUR

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

25

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 151 FGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

26

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, da Rechtsprechung des BFH zu vergleichbaren Fällen nicht vorliegt und der Senat von der Regelung der R 22.4 Abs. 1 Satz 2 EStR 2008 abweicht.

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Informationen:

  • Aktenzeichen: 2 K 124/08
  • Gericht/Herausgeber: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht 2. Senat