(Kiel) Mitunternehmer im Sinne des Einkommensteuergesetzes kann nur sein, wer zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist oder – in Ausnahmefällen – aufgrund eines wirtschaftlich dem Gesellschaftsverhältnis vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann. Diese ist nicht schon dann zu bejahen, wenn dem Mitwirkenden lediglich „Entscheidungen in der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Einzelfall“ überlassen sind.

 

Darauf verweist  der Nürnberger Erb- und Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, Präsident des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinwies auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH AZ: VII R 32/07).

In dem ausgeurteilten Fall betrieb der Lebensgefährte (V.) der Klägerin  in den neuen Bundesländern teilweise allein, teilweise mit Dritten, verschiedene Autohäuser, in denen Fahrzeuge mit hohem Kilometerstand, auch mit Unfallschäden, erworben und nach Zurückdrehen des Tachos und kosmetischen Maßnahmen als unfallfreie Fahrzeuge mit niedrigerem Kilometerstand veräußert wurden.  In einem dieser in der Rechtsform eines Einzelunternehmens betriebenen Autohäuser war die Klägerin, eine ausgebildete Finanzkauffrau, die in den Jahren 1989 bis 2002 mit Unterbrechungen die Lebensgefährtin des V. war, seit August 2001 als Verkäuferin mit einem förmlichen Arbeitsvertrag tätig. V. trat in den Autohäusern nicht selbst in Erscheinung, ordnete jedoch an, zu welchen Preisen an- und verkauft werden solle und welche Kilometerstände die Verkaufsfahrzeuge aufweisen sollten. V. ist zwischenzeitlich unbekannten Aufenthalts.

Aufgrund von Vorermittlungen der Polizei und der Steuerfahndung führte das Finanzamt  Betriebsprüfungen durch. Aufgrund der Erkenntnisse der Steuerfahndung sah das Finanzamt als Betreiber des Autohauses nicht einen Einzelunternehmer, sondern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus den Gesellschaftern V. und der Klägerin, an und setzte dieser GbR gegenüber schließlich Umsatzsteuer für 2001 und 2002 fest. Da weder die GbR noch V. in Anspruch genommen werden konnten, nahm das Finanzamt die Klägerin als Gesellschafterin der GbR für die Umsatzsteuer und Nebenabgaben in Haftung.  Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht hielt die Inanspruchnahme der Klägerin als Mitunternehmerin für zutreffend.

Dagegen wandte sich ihre Revision, die der Bundesfinanzhof nun auch für begründet erachtete, so Gieseler.

Voraussetzung für eine Inanspruchnahme der Klägerin sei, dass zwischen ihr und V. eine OHG bestanden habe. Da das Finanzgericht gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und V. oder gar eine Eintragung einer OHG ins Handelsregister nicht festgestellt habe, sei die haftungsbegründende Gesellschafterstellung der Klägerin nur dann zu bejahen, wenn wirtschaftlich ein diesem Gesellschaftsverhältnis vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis bestanden hätte, in dem sie als Mitunternehmerin anzusehen sei.

Dem Urteil seien keine Feststellungen zu entnehmen, woraus geschlossen werden könne, dass die Klägerin eine entsprechende Mitunternehmerinitiative entfaltet habe. So sei dem Urteil z. B. nicht zu entnehmen, dass die Klägerin über ihre Verkaufstätigkeit hinaus Beteiligungsmöglichkeiten bei unternehmerischen Entscheidungen des V. wahrnehmen konnte, die zumindest den Kontroll- und Widerspruchsrechten eines Kommanditisten oder OHG-Gesellschafters vergleichbar wären.

Eine Mitunternehmerinitiative sei nicht schon dann zu bejahen, wenn dem Mitwirkenden lediglich – wie hier festgestellt – „Entscheidungen in der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Einzelfall“ überlassen sind. Die Schlussfolgerung, die Klägerin habe aufgrund der ihr obliegenden umfassenden Verkaufstätigkeit in dem Autohaus des V. erheblichen Einfluss auf geschäftliche Grundentscheidungen gehabt, lasse die Mindestanforderung für die Ausübung von Gesellschafterrechten außer Acht. Dass die Klägerin die betrügerischen Autoverkäufe in Kenntnis der Manipulationen an den Fahrzeugen und durch eigenhändige Veränderungen der unterzeichneten Vertragstexte erst möglich gemacht habe, spreche zwar für eine strafrechtlich relevante Beteiligung an den Betrugstaten, besage aber nichts über ihre Beteiligung am Unternehmen. Die vom Finanzgericht festgestellten Tatsachen rechtfertigen daher  nicht die Inanspruchnahme der Klägerin als Haftende für die Steuerschulden ihres früheren Lebensgefährten.

Gieseler empfahl, sich am besten erst gar nicht auf derartige Geschäfte einzulassen und in Zweifelsfällen rechtliche und steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a.  auch auf den DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. – www.duv-verband.de – verwies.

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