(Kiel) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat soeben die Begründung einer sog. gewerbesteuerlichen Organschaft „über die Grenze“ zwischen einer inländischen Untergesellschaft und einer ausländischen Obergesellschaft anerkannt.

Darauf verweist der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel,  unter Hinweis auf das am 13.04.2011 veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Februar 2011 – I R 54, 55/10.

Verpflichtet sich eine inländische Kapitalgesellschaft, ihren ganzen Gewinn als Organgesellschaft an ein anderes gewerbliches Unternehmen als Organträger abzuführen, so ist das Einkommen der Organgesellschaft nicht dieser, sondern unter bestimmten Voraussetzungen dem Organträger zuzurechnen. Voraussetzung ist u.a., dass der Organträger die Mehrheit der Anteile an der Organgesellschaft hält und überdies seine Geschäftsleitung, früher zusätzlich auch noch seinen Sitz, im Inland hat. Das gilt im Grundsatz für die Körperschaftsteuer (nach §§ 14 ff. des Körperschaftsteuergesetzes) ebenso wie für die Gewerbesteuer (§ 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes).

Fraglich ist allerdings, ob der strikte Inlandsbezug der Organschaft den Anforderungen des Unions- und des Abkommensrechts uneingeschränkt standhält. Der I. Senat des BFH hat letzteres – die Übereinstimmung mit dem Abkommensrecht – für die Gewerbesteuer verneint, so Passau.

Der gesetzlich erforderliche Inlandsbezug des Organträgers verstoße gegen das völkerrechtlich verbindlich in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vereinbarte Diskriminierungsverbot gegenüber solchen inländischen Kapitalgesellschaften, deren Anteile mehrheitlich nicht von einem im Inland, sondern von einem in dem anderen Vertragsstaat ansässigen Unternehmen gehalten werden.

Konkret ging es um eine britische Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der public limited company (plc), die mehrheitlich an einer deutschen GmbH beteiligt war. Die GmbH wollte vermeiden, dass sie bestimmte gewerbesteuerliche Nachteile durch Hinzurechnung sog. Dauerschuldzinsen erleiden musste, weil das Organschaftsverhältnis zu der britischen plc nicht anerkannt wurde. Der BFH gab ihr im Ergebnis recht.

Das Urteil des BFH ist noch zu der früheren Regelungslage im Gewerbesteuergesetz und den danach bestehenden tatbestandlichen Erfordernissen ergangen. Mittlerweile bedarf es im Gewerbesteuerrecht – nicht anders als schon seit jeher im Körperschaftsteuerrecht – zusätzlich eines gesellschaftsrechtlichen Gewinnabführungsvertrages, um ein steuerliches Organschaftsverhältnis begründen zu können. Es wird derzeit diskutiert, ob das Verlangen nach einem solchen Vertrag in Einklang mit Unionsrecht steht. Auch deswegen wird im gegenwärtigen Koalitionsvertrag zwischen den Regierungsparteien die Abschaffung der Organschaft zugunsten eines Gruppenbesteuerungssystems ausdrücklich als „mittelfristiges Ziel“ benannt. Problematisch ist dabei vor allem die grenzüberschreitende „Öffnung“ eines solchen Systems, die möglicherweise Gefahren für die öffentlichen Haushalte mit sich bringen könnte. In Anbetracht dessen kommt der Entscheidung des BFH aktuelle und besondere Bedeutung zu.

Passau empfahl, die Entscheidung zu beachten und ggfs. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auf den DUV Deutschen Unternehmenssteuer Verband – www.duv-verband.de – verwies.

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Jörg Passau
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