(Kiel) Das Bundesverfassungsgericht hat durch am zwei am 04.03.2010 veröffentlichte Beschlüsse entschieden, dass der Mindesthebesatz von 200 % für Gewerbesteuer verfassungsgemäß ist.

Darauf verweist der der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf die am 04.03.2010 veröffentlichten Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27.01.2010, Az. 2 BvR 2185/04 und 2 BvR 2189/04

Seit dem 1. Januar 2004 sind Gemeinden nach § 1, § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG verpflichtet, Gewerbesteuern zu  einem Mindesthebesatz von 200 %  zu erheben. Zuvor stand es den Gemeinden frei, jeden beliebigen Hebesatz festzusetzen und durch eine Festsetzung des Hebesatzes auf Null von der Erhebung der Gewerbesteuer gänzlich abzusehen. 

Die Beschwerdeführerinnen, zwei Gemeinden in Brandenburg, wenden sich mit Kommunalverfassungsbeschwerden gegen die Neuregelung. Sie wollen weiterhin die Möglichkeit haben, wie in der Vergangenheit niedrigere Hebesätze zu bestimmen oder keine Gewerbesteuer zu erheben. 

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen, betont Passau. 

Der gesetzlich vorgeschriebene Mindesthebesatz von 200 % für die Gewerbesteuer ist verfassungskonform. Die Neuregelung verstößt nicht gegen die grundgesetzlich gewährleistete kommunale Finanzhoheit und die von ihr umfasste Hebesatzautonomie. Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 6 GG gewährleisten nicht, dass den Gemeinden das Recht zur Festsetzung des Hebesatzes der Gewerbesteuer ohne gesetzliche Einschränkungen eingeräumt wird. Die mit dem gesetzlichen Mindesthebesatz von 200 % verbundene Beschränkung des Hebesatzrechts berührt die Finanzautonomie der Gemeinde nicht in ihrem Kernbereich, weil den Gemeinden ein erheblicher Gestaltungspielraum erhalten bleibt. 

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde: 

Die Neuregelung ist durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG gedeckt. Sie ist zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich.

Die Vorschriften verstoßen nicht gegen die im Grundgesetz als Bestandteil der allgemeinen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) gewährleistete und konstitutiv durch Art. 106 Abs. 6 Satz 2 und Art. 28 Abs. 2 Satz 3 GG verstärkte kommunale Finanzhoheit. 

Art. 28 Abs. 2 Satz 3 und Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG gewährleisten nicht, dass den Gemeinden das Recht zur Festsetzung des Hebesatzes der Gewerbesteuer ohne gesetzliche Einschränkungen eingeräumt wird. Die gemeindliche Hebesatzautonomie verlangt insbesondere keine unentziehbare Befugnis der Gemeinden, auf die Erhebung der Gewerbesteuer ganz zu verzichten. Das Grundgesetz fußt weder in seiner ursprünglichen Fassung noch in seinen späteren Änderungen auf einer einfachgesetzlichen Tradition uneingeschränkter Gestaltungsfreiheit der Gemeinden bei den Hebesätzen. Mit der wettbewerblichen Funktion der Gewährleistung eines Hebesatzrechts können auch gesetzliche Bestimmungen vereinbar sein, die die Freiheit des Wettbewerbsverhaltens begrenzen, um den Wettbewerb in gemeinwohlverträglichen Bahnen zu halten. Den Gemeinden ist weder eine bestimmte Aufkommenshöhe noch die Gewerbesteuer als solche von Verfassungs wegen garantiert. 

Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des gemeindlichen Hebesatzrechts lässt allerdings keine beliebigen Einschränkungen zu. Der „Rahmen der Gesetze“, an den Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG das Hebesatzrecht bindet, darf nicht beliebig eng gezogen werden. Die Finanzhoheit muss den Gemeinden im Kern erhalten bleiben. Das Hebesatzrecht darf nicht unverhältnismäßig beschränkt werden.

Diesen Anforderungen wird der gesetzliche Mindesthebesatz von 200 % für die Gewerbesteuer gerecht. Die Regelung dient dem legitimen Ziel, die Bildung von „Steueroasen“ zu verhindern und die Streuung von Gewerbebetrieben über das ganze Land hinweg zu fördern sowie der Sicherung der verfassungsrechtlich vorgesehenen Gewerbesteuer-Umlage. Da die Berechnung der Umlage vom Ist-Aufkommen der Gewerbesteuer abhängt, kann sich eine Gemeinde durch Festsetzung des Hebesatzes auf Null der Abführung der Umlage entziehen. Die Festlegung eines Mindesthebesatzes verhindert, dass Gemeinden einen Anteil an der Einkommensteuer erhalten, ohne sich an der Gegenfinanzierung durch die Gewerbesteuerumlage zu beteiligen. Ein Mindesthebesatz von 200 % wahrt auch die Grenzen der Zumutbarkeit. Das Hebesatzrecht als solches bleibt den Gemeinden weiter erhalten. Bei dem maßvollen, weit unter dem Durchschnitt liegenden Mindesthebesatz von 200 % ist es ihnen weiterhin möglich, Standortnachteile auszugleichen und am interkommunalen Wettbewerb um Gewerbeansiedlungen teilzunehmen. Ihnen bleibt ein erheblicher Gestaltungsspielraum erhalten.

Passau empfahl, das Urteil zu beachten und ggfs. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auf den DUV Deutschen Unternehmenssteuer Verband – www.duv-verband.de – verwies.

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Jörg Passau
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