(Kiel) Allein der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens befreit den GmbH-Geschäftsführer nicht von der Haftung wegen Nichtabführung der einbehaltenen Lohnsteuer. Sind im Zeitpunkt der Lohnsteuer-Fälligkeit noch liquide Mittel zur Zahlung der Lohnsteuer vorhanden, besteht die Verpflichtung des Geschäftsführers zu deren Abführung so lange, bis ihm durch Bestellung eines Insolvenzverwalters oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis entzogen wird.

Darauf verweist der Nürnberger Steuerfachanwalt Dr. Norbert Gieseler, Präsident des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel, mit Hinblick auf ein am 17.12.2008 veröffentlichtes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH AZ.:VII R 27/07). In dem ausgeurteilten Fall hatte das Gericht darüber zu befinden, ob einem Geschäftsführer der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit gemacht werden kann, der in einer plötzlichen, unvorhersehbaren Krise seiner GmbH am Fälligkeitstag der Lohnsteuer die dafür noch ausreichenden Mittel nicht an das Finanzamt abführt, sondern in der Annahme, damit der Steuerzahlung enthoben zu sein, beim Amtsgericht Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt. Die Botschaft des Gerichts, so Steuerexperte Gieseler, ist dabei eindeutig: Solange und soweit liquide Mittel zur Lohnsteuerzahlung vorhanden sind, muss der Geschäftsführer abführen. Erst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Bestellung eines Insolvenzverwalters enthebt ihn dieser Pflicht. Das Verfahren gab dem Gericht auch Gelegenheit, seine Rechtsprechung im Hinblick auf eine bisher kollidierende Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) fortzuentwickeln, die dieser jedoch durch Urteil vom 14.05.2007 geändert hatte. Bis zu diesem Urteil galt, dass sich der GmbH-Geschäftsführer in dem Dreiwochen-Zeitraum zwischen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens  in einer „Pflichtenkollision“ zwischen Lohnsteuerabführung und dem Gebot der „Massesicherung“ in dieser Zeit befand, die ihn von seiner steuerlichen Haftung befreite. Nachdem der BGH mit dem vorgenannten Urteil jedoch von dieser Rechtsauffassung abgewichen sei und nun die Auffassung vertrete, dass die Lohnsteuerzahlung auch in insolvenzreifer Zeit mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sei und damit nicht mehr zur Haftung gegenüber der Gesellschaft führe, die ein Insolvenzverwalter später ggfs. durchsetzen könnte, sieht auch der BFH nun keine Interessenkollision mehr. Dies bedeutet, so Gieseler, dass die Haftung des GmbH-Geschäftsführers zur Abführung von Lohnsteuern auch dann nicht mehr ausgeschlossen ist, wenn die Nichtzahlung der fälligen Steuern in diese dreiwöchige „Schonfrist“ fällt. Gieseler empfahl daher dringend, dass sich alle GmbH-Geschäftsführer ab sofort auf die neue Rechtsalge einstellen und diese beachten.

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