(Kiel) Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das ab Veranlagungszeitraum 2007 geltende Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG betreffend Aufwendungen (hier: eines Lehrers, dem kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht) für ein häusliches Arbeitszimmer, mit Ausnahme der Fälle, in denen das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist.

Darauf verweist der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel,  unter Hinweis auf den am 16.09.2009 veröffentlichten Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 25. August 2009, Az: VI B 69/09.

In dem Fall sind die Antragsteller miteinander verheiratet, er ist Schulleiter einer Realschule, sie ist Lehrerin an einer Grundschule. Beide Antragsteller erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und nutzen in ihrem eigenen Einfamilienhaus jeweils ein häusliches Arbeitszimmer. Ihren Antrag, wegen der Aufwendungen für ihre Arbeitszimmer höhere Freibeträge im Wege vorläufigen Rechtsschutzes (Aussetzung der Vollziehung – AdV -) auf den Lohnsteuerkarten für 2009 einzutragen, lehnte das Finanzamt ab. Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n.F. seien ab dem Veranlagungszeitraum 2007 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch dann zu berücksichtigen, wenn es  – anders als im Streitfall – den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit bilde. Diese Voraussetzungen seien bei Lehrern daher nicht mehr erfüllt.

Hiergegen wandten sich die Antragsteller und das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt und ließ die Beschwerde zu.

Mit seiner Beschwerde brachte das Finanzamt vor, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids sei nicht ernstlich zweifelhaft, da die Regelung des § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n.F. nicht gegen das Grundgesetz (GG) verstoße. Auch bei Vorliegen ernstlicher Zweifel käme die AdV nicht in Betracht, weil dann das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung höher zu bewerten wäre als das Interesse der Antragsteller an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.

Dies, so Passau, sah der Bundesfinanzhof jedoch nun anders und wies die Beschwerde des Finanzamtes ab.

Das FG habe zu Recht im Wege der AdV das Finanzamt verpflichtet, den beantragten Freibetrag auf den Lohnsteuerkarten der Antragsteller einzutragen. Im Streitfall sei das FG zutreffend von ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n.F. ausgegangen, der die Grundlage des angefochtenen Bescheids bildet. Diese Zweifel seien augenscheinlich, da die Frage in der Literatur, wie vom FG in seinem Beschluss wiedergegeben, kontrovers diskutiert werde und in der Rechtsprechung zu unterschiedlichen Entscheidungen geführt habe.

Im Falle von ernstlichen Zweifeln hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift sei nach langjähriger Rechtsprechung des BFH wegen des Geltungsanspruchs jedes verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als erforderlich angesehen worden. Danach sei  eine Interessenabwägung zwischen der einer AdV entgegenstehenden konkreten Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den für eine AdV sprechenden individuellen Interessen des Steuerpflichtigen geboten. Im Streitfall trete der Anspruch der Antragsteller auf effektiven Rechtsschutz nicht hinter das öffentliche Interesse an einer geordneten öffentlichen Haushaltswirtschaft zurück.

Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung hat sich der BFH jedoch nicht geäußert. Diese Entscheidung bleibt dem Verfahren in der Hauptsache vorbehalten.

Passau empfahl jedoch, diese Grundsätze zu beachten und ggfs. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auf den DUV Deutschen Unternehmenssteuer Verband – www.duv-verband.de – verwies.

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