(Kiel) Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass eine Verzögerung beim Sitzungsbetrieb eines Finanzgerichts, die durch den Beginn der Corona-Pandemie verursacht wurde, nicht zur Unangemessenheit der gerichtlichen Verfahrensdauer führt.

Darauf verweist der Kieler Steuerberater Jörg Passau, Vizepräsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die die Mitteilung des Bundesfinanzhofs vom 14.04.2022 zu seinem Urteil vom 27.10.2021 – X K 5/20.

Ein an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligter hat gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes einen eigenständig einklagbaren Entschädigungsanspruch für immaterielle Nachteile, die ihm dadurch entstehen, dass sein Gerichtsverfahren nicht in angemessener Zeit beendet wird. Bei der Frage der Angemessenheit der Dauer finanzgerichtlicher Verfahren geht der BFH im Regelfall von der Vermutung aus, dass der Finanzrichter bei einem typischen durchschnittlichen Klageverfahren gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage konsequent auf die Erledigung des Verfahrens hinwirken muss. Andernfalls kann ein Verfahrensbeteiligter für jeden einzelnen Verzögerungsmonat eine Entschädigung von 100 € beanspruchen. Voraussetzung hierfür ist u.a., dass er die Verzögerung des Verfahrens rechtzeitig gerügt hat.

Im Streitfall hatte der Kläger im Rahmen seiner gegen Umsatzsteuerbescheide gerichteten Klage zwei Jahre nach Klageeingang eine Verzögerungsrüge wegen der Besorgnis erhoben, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Das Klageverfahren wurde acht Monate später –nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung– mit Zustellung des Urteils beendet.

Die nachfolgend vom Kläger erhobene Klage auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von mindestens 600 € wies der BFH ab. Er begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Entschädigungsanspruch zwar verschuldensunabhängig sei, so dass es nicht auf ein pflichtwidriges Verhalten bzw. Verschulden der mit der Sache befassten Richter ankomme. Somit könne die unangemessene Verfahrensdauer auch nicht mit dem Hinweis auf eine chronische Überlastung der Gerichte, länger bestehende Rückstände oder eine angespannte Personalsituation gerechtfertigt werden. Nach den Erwägungen des Gesetzgebers müssten aber die verfahrensverzögernden Umstände zumindest innerhalb des staatlichen bzw. dem Staat zurechenbaren Einflussbereichs liegen.

Dies hat der BFH im vorliegenden Fall verneint.

Die mehrmonatige Verzögerung des Ausgangsverfahrens beruhe auf Einschränkungen des finanzgerichtlichen Sitzungsbetriebs ab März 2020. Diese seien Folge der Corona-Pandemie und der zu ihrer Eindämmung ergriffenen Schutzmaßnahmen. Es handele sich nicht um ein spezifisch die Justiz betreffendes Problem, da andere öffentliche und private Einrichtungen und Betriebe ebenso betroffen (gewesen) seien. Die Corona-Pandemie sei –jedenfalls zu Beginn– als außergewöhnliches und in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschlands beispielloses Ereignis anzusehen, die weder in ihrem Eintritt noch in ihren Wirkungen vorhersehbar gewesen wäre. Von einem Organisationsverschulden der Justizbehörden im Hinblick auf die Vorsorge für die Aufrechterhaltung einer stets uneingeschränkten Rechtspflege könne daher ebenfalls nicht ausgegangen werden.

Passau empfahl, dies zu beachten und ggfs. steuerlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auf den DUV Deutschen Unternehmenssteuer Verband – www.duv-verband.de – verwies.

 

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